Wo lernt man Menschen besser kennen als in der Küche?
Dort, wo man kocht, feiert, genießt und mit Freunden ganze Nächte verbringt.
Wo man lacht, weint, streitet und sich wieder verträgt. Wo man die intimsten Gespräche führt. Dort, wo das Leben spielt.
Für meine Blog-Serie „Kitchen-Stories“ treffe ich interessante Menschen.
Genau dort: In ihrer Küche.
Ich möchte mit ihnen kochen, reden und sie dabei kennen lernen.
In dieser ganz entspannten, privaten Atmosphäre. Mitten in ihrem Leben.
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Gemeinsam mit der Fotografin Maike Helbig bin ich nach Berlin gefahren.
Zu einem wirklich beeindruckenden Mann.
Der weiß, wie man sich und sein Leben in den Griff bekommt.
Durch Fitness, Ernährung und mentale Stärke.
Dr. Michèl Gleich ist einer der bekanntesten Personal Trainer in Deutschland.
Motivations-Coach, Ernährungsberater und Buch-Autor.
Ich kenne kaum jemand, der nicht meint, er müsse doch endlich mal mehr für sich tun.
Mir geht es genauso. Und dann habe ich Michèls Buch gelesen:
„Gestern hast Du morgen gesagt“, heißt es. Und fühlte mich so was von ertappt!
Tatsächlich mein Motto seit Jahren…
Michèl Gleich wohnt um die Ecke vom Brandenburger Tor.
Mit seiner Frau Sarah und dem schwarzen Schäferhund Manolo.
Der macht es sich erst einmal auf dem großen Wohnzimmer-Sofa gemütlich.
Und grummelt. Heißt wohl: Was machen die denn hier?
Lass Dich nicht stören – wir wollen ja bloß in die Küche.
Pancakes mit Bananen möchte Michèl für uns backen.
Und einen grünen Kraft-Smoothie mixen.
Die Küche ist schön groß und hell.
An den Wänden hängen Sportbilder.
Den massiven Esstisch beleuchtet eine riesige Lampe.
An ihren dünnen Drähten hängen weiße Zettel.
Unter anderem mit Manolos Pfotenabdruck.
„Die Küche ist der Ort, wo wir uns am meisten aufhalten“, sagt Michèl. „Wo wir morgens frühstücken und auch die letzte Mahlzeit des Tages zu uns nehmen. Ein unglaublich wichtiger Ort. Hier finden die meisten Gespräche statt.
Und auch Manolo mag die Küche, weil er hier immer seine Leckerli kriegt. Ich hab hier mein Buch geschrieben, bearbeite meine Trainingspläne, führe Telefonate mit meinen Kunden. Auch Freunde treffen wir in der Küche. Und Familie. Das ist einfach der Lebensmittelpunkt in unserer Wohnung.“
„Und wie wichtig ist das Kochen für Dich?“, frage ich ihn.
„Ganz wichtig! Kochen soll genau so Spaß machen wie der Sport. Du kannst noch so gut und toll trainieren – wenn Du nicht auch in der Küche darauf achtest, dass Du das Richtige zu Dir nimmst, kannst Du viel kaputt machen. Von daher muss einfach auch die Ernährung stimmen. Das muss nicht kompliziert sein, sich gesund zu ernähren.“
„Was bedeutet denn gesund für Dich?“
„Gesund definiere ich vor allem über frisch. Ich muss das den einzelnen Lebensmitteln ansehen. Und da schaue ich dann wirklich nicht auf den Preis. Denn Essen ist letztendlich das, was unsere Gesundheit ausmacht.“
„Du bist ja auch Ernährungsberater…“
„Genau. Und als ich damals meine ganzen Trainerscheine gemacht habe, war das für mich auch unheimlich wichtig. Denn wenn ich meine Kunden in Sachen Training berate, gehört es auch dazu, dass ich Ihnen etwas über die richtige Ernährung erzähle. Es gibt da Einiges, auf das ich achten kann, um meine Ziele zu erreichen. Sei es Muskelaufbau, sei es der Wunsch abzunehmen oder dass ich Lebensmittelunverträglichkeiten habe.“
Michèl öffnet den Kühlschrank. Jetzt geht’s an die Arbeit.
Hat Manolo auch gemerkt. Er kommt zu uns und legt sich unter den Tisch.
„Manolo ist hier der eigentliche Boss“, lacht Michèl. „Er ist seit achteinhalb Jahren an meiner Seite. Und gibt mir unheimlich viel Kraft. Obwohl er das vielleicht gar nicht weiß. Es ist einfach gut, dass er da ist.“
Erst mal einen Smoothie. „Grüne Kraft“ nennt ihn Michèl.
In den Mixer kommen Blattspinat, ein Apfel, Chia-Samen, Magerquark, Soja-Milch, etwas Stevia-Zucker zum Süßen und eine Messerspitze Grüntee-Pulver.
Kräftig pürieren. In Gläser füllen. Schmeckt erfrischend und fruchtig.
„Danach kann man Bäume ausreißen“, schreibt Michèl in seinem Buch.
„Für mich war Sport immer ein roter Faden im Leben. Angefangen habe ich mit Fußball, da war ich noch nicht einmal drei Jahre alt. Hab die ganze Schulzeit immer Sport getrieben und bin dann zur Bundeswehr. Offizierslaufbahn. Da war Sport eine unheimlich wichtige Komponente. In der Spezialeinheit, in der ich war, musst Du natürlich auch physisch sehr präsent sein. Dann als Management-Ausbilder hatte ich weniger Zeit. Da bin ich teilweise nachts trainieren gegangen. Sport ist für mich die Kompensation dessen, was ich tagsüber erlebt habe. Das Runterkommen. Ein, zwei Stunden Sport am Tag, die helfen mir einfach, Dinge zu verarbeiten und Kraft zu tanken für den nächsten.“
Michèl zieht eine Pfanne aus dem Küchenschrank. Er will jedem noch einen Pancake backen. Aber einen, der nicht zu dick aufträgt: Mit Haferflocken, Eiweiß, Banane, etwas Zimt und Backpulver, Agaven-Dicksaft und Stevia-Zucker.
Jetzt kommt auch Manolo dran. Für ihn ist immer etwas gekochtes Huhn im Kühlschrank. Auf das hat der Schäferhund nur gewartet. Ich darf es ihm geben – und bin sofort sein bester Freund.
„Ich hab mir schon immer Hunde gewünscht“, erzählt Michèl. „Früher ging das nicht, weil wir eine sehr kleine Wohnung hatten. Aber ich hab mir immer gesagt: wenn ich irgendwann mal einen Hund haben kann, dann nicht erst im Rentenalter. Das muss möglich sein, den Hund mit dem Job zu vereinbaren. Und es ist heute so, dass eigentlich alle meine Kunden möchten, dass er dabei ist. Und wenn das mal nicht geht, dann fragen sie gleich nach ihm. Manolo gehört zum Training wie die Luft zum Atmen.“
Die Zutaten für den Teig püriert Michèl kräftig durch. Und brät die Pancakes von beiden Seiten in der Pfanne aus.
Die Banane gibt er in dünnen Scheiben darüber und beträufelt alles mit etwas Agaven-Dicksaft. Das schmeckt lecker und macht richtig satt.
Zeit fürs Training. Ab ins Regierungsviertel. Auf einer Wiese am Kanzleramt will uns Michèl ein paar Übungen mit Hund zeigen. Manolo freut sich riesig. Er weiß, was jetzt kommt!
Zuerst machen sich die beiden warm. Ganz spielerisch. Lockerer Paarlauf hin und her. Manolo weicht nicht von Michèls Seite.
Ohne Leine oder Halsband. Er hört aufs Wort. Weil er weiß: Mit Herrchen ist immer was los. Gemeinsame Aktivitäten sind eben die beste Methode, eine enge Bindung mit einem Hund aufzubauen.
„Sport ist da natürlich eine super Sache. Überhaupt finde ich, dass er so viel Gutes bewegen kann: Einmal natürlich die positiven gesundheitlichen Auswirkungen. Aber gerade auch auf mentaler Ebene. Das möchte ich einfach mit Menschen teilen.“
Zweite Übung. Ich nenn’s mal „Tunneln“: Michèl macht große Schritte. Manolo läuft dabei zwischen seinen Beinen hindurch. Immer wieder. Und bellt jedes Mal hoch erfreut.
„Es gibt natürlich auch Leute, die mögen Sport einfach nicht. Dann wäre ich ein schlechter Trainer, wenn ich sagen würde: Du musst aber. Dann such Dir eben etwas anderes im Leben, das Dir Balance gibt. Zum Beispiel einen Hund…“
Ortswechsel. Dritte Übung: Kurzsprints. So schnell es geht.
„Jede Trainingseinheit, die ich gut absolviere, ist wie so ein kleiner Sieg. Aus dem ich diesen positiven Schwung mitnehme für die anderen Herausforderungen. Und ich bin der festen Überzeugung, dass Sport auch für die Psyche ganz wichtig ist. Da kommt man mit sich selbst ins Reine. Und das ist auch das, was ich versuche, meinen Kunden zu vermitteln. Dass man durch den Sport und durch das regelmäßige Training unheimlich viel auch ins normale Leben transportieren kann.“
Zum Schluss noch Liegestütze vorm Kanzleramt.
Kaum zu glauben: Auch das kann Manolo…
Und Michèl sagt: „Sport ist für mich Leben und Kraft und Mut. Jeden Tag. Und er gibt mir auch Selbstbewusstsein. Denn wenn ich weiß: Ich bin in einer Sache gut und mach die unheimlich gerne, dann fühle ich mich stark dabei. Auch jemand, der gut Autos repariert, Haare schneidet oder Brot backt, kann sich in seiner Sache unheimlich gut und stark fühlen – dann liegt dort seine Leidenschaft. Die ihm Mut und Kraft für den Alltag gibt. Und bei mir ist das eben der Sport!“
Und dann machen sich die beiden auf den Weg. Zurück nach Hause. Irgendwann ist mit dem Training ja auch mal gut 😉
Alle Fotos: Maike Helbig
Idee, Konzept & Text: Bettina Bergwelt
Buch: „Gestern hast Du morgen gesagt“. Erschienen im Becker Joest Volk Verlag.
Es ist wahr. Sport bedeutet so viel. Ich hoffe, dass ich bald auch wieder den Sport so schätzen und lieben kann. Eventuell wird eine Personaltrainingstunde mir dazu auch weiterhelfen.